LadetechnikEichrechtskonforme Ladetechnik – Was ist das?

10 Gründe für die Investition in eichrechtskonforme Ladetechnik

Grundlegendes Prinzip des Mess- und Eichrechts (Mess- und Eichgesetz, Mess- und Eichverordnung) ist die Nachvollziehbarkeit der Richtigkeit der Messwerte. Dies dient dazu, dass der Kunde – im Falle der Elektromobilität der Fahrzeugnutzer – darauf vertrauen kann, dass die Messwerte der abgerechneten Leistung richtig sind. So wird gewährleistet, dass physikalische Messgrößen, wie die Kilowattstunde, bei der Lieferung von Elektrizität eichrechtskonform erfasst und verarbeitet werden.

Wir erläutern Ihnen 10 gute Gründe, die für die Investition in Ladeinfrastruktur und letztlich den Kauf von eichrechtskonformer Ladetechnik sprechen.

1. Stromlieferant

Strom für Elektroautos kann laut dem Energiewirtschaftsgesetz seit 2016 von jeder natürlichen oder juristischen Person über einen registrierten Ladepunkt als Letztverbraucher verkauft werden (EnWG § 3 Nr. 25). Einer Genehmigung als Stromlieferant bedarf es wegen der Einordnung des Ladepunktbetreibers als Letztverbraucher nicht. Dies hat zur Folge, dass gegenüber dem Nutzer eines Elektroautos nicht, wie sonst in der Energiewirtschaft, der Strommix ausgewiesen werden muss. Auch nach dem Stromsteuerrecht (§ 1a Absatz 2 StromStV) wird der Betreiber eines Ladepunktes als Letztverbraucher eingeordnet, d.h. es gilt: Sie brauchen keine Genehmigung als Stromlieferant beim Hauptzollamt zu beantragen und müssen die Stromsteuer gegenüber dem Elektroautofahrer nicht ausweisen.

2. Geldwerter Vorteil

Investieren Sie nachhaltig! Nach dem Einkommenssteuerrecht (§ 3 Nr. 46 EStG) gilt die Abgabe von Strom an Mitarbeiter nicht als geldwerter Vorteil, d.h. sie ist einkommenssteuerbefreit.
Diese Regelung ist bis Ende 2030 verlängert worden. Mit der Zunahme von Elektroautos steigt allerdings das Interesse von Unternehmen, den Ladestrom gegenüber Mitarbeitern abzurechnen.

3. Öffentlich zugängliche Ladepunkte

Wird die Lieferung von Elektrizität gegenüber Verbrauchern an öffentlich zugänglichen Ladepunkten abgerechnet, muss der Ladestrom nach der PreisangabenVO auf Grundlage eines kWh Tarifs angeboten und vor dem Starten des Ladevorgangs dem Kunden angezeigt werden. Dies sieht die am 3.11.2021 verabschiedete PAngV erstmals ausdrücklich in § 14 vor. Möglich ist die Preisangabe über einen Aufkleber, ein Display oder über eine mobile Website. Zur Abrechnung von kWh bedarf es einer eichrechtskonformen Ladeeinrichtung. Zusätzlich zu dem kWh-Tarif darf auch eine Grundgebühr für die Nutzung der Ladeinfrastruktur, eine Servicegebühr oder/und eine Zeitgebühr für den Ladezeitraum erhoben werden.

4. Flatrate-Tarife

Bei Mitarbeitern (wie bei anderen längerfristigen Vertragsverhältnissen) ist auch eine Monats- oder Jahresflatrate zulässig. In diesem Falle bedarf es keiner eichrechtskonformen Ladeeinrichtung. Der Flatrate-Tarif kann für unterschiedliche Segmente angeboten werden, z.B. Basic und Premium für Elektroautos mit einer geringen und solchen mit einer höheren Batterie-Leistung. Nach Ablauf eines Monats (bei der Monatsflatrate) bzw. Ablauf eines Jahres (bei der Jahresflatrate) kann die Höhe der Flatrate auch angepasst werden. Möchte der Arbeitgeber allerdings in kWh gegenüber seinen Mitarbeitern abrechnen, benötigt er eichrechtskonforme Ladelösungen. Für eine eichrechtskonforme Ladeeinrichtung benötigt man in Deutschland eine Baumusterprüfbescheinigung, die nach Abschluss eines aufwändigen Konformitätsbewertungsverfahrens durch eine Konformitätsbewertungsstelle (Physikalisch Technische Bundesanstalt, VDE PZI oder CSA Group München) erteilt wird.

5. Abrechnungspflicht

Jede Ladeinrichtung in Deutschland, an der abgerechnet wird, unabhängig davon, ob diese öffentlich zugänglich ist oder einem privaten Nutzerkreis (z.B. Mitarbeiter eines Unternehmens) zur Verfügung steht, unterliegt den Anforderungen des Eichrechts, d.h. sie bedarf einer Baumusterprüfbescheinigung. Diese Abrechnungspflicht besteht sowohl in B2C- wie auch in B2B-Verhältnissen.
Einzige Ausnahmen sind die beschriebene Flatrate oder das Verschenken von Ladestrom. Ladesäulen, die in den vergangenen Jahren aufgebaut wurden, lassen sich in der Regel eichrechtskonform nachrüsten, allerdings mit einem erhöhten Kostenaufwand. Dies ermöglicht Ihnen dann den Ladestrom kWh-scharf abzurechnen. Ob Sie die o.g. zusätzlichen Tarifelemente erheben wollen, bleibt Ihnen überlassen.

6. Ladesäulenverordnung (LSV)-Pflichten

Seit dem Inkrafttreten der Ladesäulenverordnung (LSV) im März 2016 müssen alle öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen, die ab diesem Datum errichtet wurden, der Bundesnetzagentur gemeldet werden und über eine Typ 2-Steckdose verfügen. Seit der Novelle der LSV im Jahr 2017 (LSV II) müssen alle öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen zusätzlich das punktuelle Aufladen (ad hoc Laden, § 4 LSV) ermöglichen. Bislang wurden alternativ verschiedene Bezahlmethoden zugelassen.

In der am 10.11.2021 veröffentlichten 2. Novelle der LSV wurde nun verankert, dass ab dem 1. 7. 2023 nur noch eine Bezahlung NFC-basiert mit der Debit- oder Kreditkarte zugelassen ist. Die Zahlung mit dem mobilen Endgerät ist damit an öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen höchstens neben der Kartenzahlung, aber nicht als einziges Medium zulässig. Die Karten- und Barzahlung kann auch außerhalb der Ladeeinrichtung an einem zentralen Automaten in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt eingeräumt werden. Eichrechtskonforme Ladelösungen haben dies überwiegend noch nicht umgesetzt. Die bis zum 1. 7. 2023 aufgebauten Ladelösungen unterfallen dem Bestandsschutz und können weiter betrieben werden. Erst die nach dem Stichtag aufgebauten Ladelösungen bedürfen eines Kartenterminals und eines Pinpads (vorausgesetzt, es gibt bis dahin keine Ausnahme von der Pinpad-Pflicht). Eine Ausnahme von allen LSV-Pflichten (Meldepflicht, Typ 2-Steckdose und ad hoc Laden) besteht für Ladeeinrichtungen mit einer Leistung von bis zu 3,7 kW.

7. Nachrüsten

Wallboxen lassen sich in der Regel nicht eichrechtskonform nachrüsten. Möchten Sie den Ladestrom an Ihrer Wallbox abrechnen (z.B. bei kWh-scharfer Abrechnung des Stroms für das Beladen des Dienstfahrzeugs beim Aufladen an der heimischen Wallbox oder wenn Sie Mitglied einer Ladecommunity sind und den Strom zum Aufladen der Drittfahrzeuge nach kWh abrechnen wollen), müssten Sie die alte durch eine neue, eichrechtskonforme Wallbox ersetzen. Statt der Nachrüstung bleibt beim vertragsbasierten Laden die o.g. Flatrate oder das Verschenken von Strom. Bieten Sie ein ad hoc-Laden an bzw. müssen Sie den Ladevorgang, da Ihre Wallbox öffentlich zugänglich im Sinne der LSV ist, eichrechtskonform abrechnen.

8. Wallbox @home

Errichten Sie am Wohnort des Mitarbeiters eine Wallbox oder Ladeeinrichtung auf Ihre Kosten, genügt für die Rückerstattung des Ladeaufwandes, den der Mitarbeiter zunächst übernimmt und Ihnen turnusgemäß in Rechnung stellt (am Monats-, Quartals- oder Jahresende), ein MID-zertifiziertes Messgerät. Dies setzt aber voraus, dass nur der Mitarbeiter diesen Ladepunkt benutzt. Für diese Fälle hat die Finanzverwaltung auch eine pauschale Abrechnung anerkannt, die einen Abrechnungsaufwand erspart. Die Pauschalen waren zunächst bis Ende 2020 befristet. Die Finanzverwaltung hat sie im September 2020 erhöht und verlängert:

  • 30 EUR/Monat, wenn der Mitarbeiter ein reines Elektroauto fährt und zusätzlich in Ihrem Betrieb eine Ladeeinrichtung nutzen (bei Hypbridfahrzeugen: 15 EUR) kann;
  • 70 EUR/Monat, wenn der Mitarbeiter ein reines Elektroauto fährt und dies nur an der heimischen Ladeeinrichtung aufladen kann (bei Hybridfahrzeugen: 35 EUR/Monat).

Diese Regelungen gelten nun bis Ende 2030. Wünscht der Arbeitgeber allerdings eine kWh-scharfe Abrechnung des tatsächlichen Ladeaufwands führt auch in dieser Konstellation kein Weg vorbei an einer eichrechtskonformen Ladeeinrichtung (Wallbox).

Sie möchten Ihre Mitarbeiter mit einer Wallbox @home ausstatten und den Strom kWh-genau abrechnen? Hierfür bietet die amperio GmbH mit Mitarbeiter-Strom eine Gesamtlösung.

9. PV-Anlage und Speicher

Nutzen Sie als Unternehmen den Strom einer PV-Anlage zum Aufladen nicht nur der Dienstfahrzeuge, sondern auch der privaten Elektrofahrzeuge ihrer Mitarbeiter, benötigen Sie für die sog. Drittmengenabgrenzung ein eichrechtskonformes Ladesystem. Entsprechendes gilt beim Aufladen eines Dienstfahrzeuges an der heimischen Wallbox, wenn man zum Beladen selbst erzeugten PV-Strom nutzen möchte. Wird neben der PV-Anlage auch eine Speicheranlage betrieben, kommt es auch hierbei darauf an, ob der Betreiber der PV-Anlage und des Speichers mit dem Betreiber des Ladepunktes und mit dem Halter des Fahrzeugs personenidentisch ist oder nicht. Bei einer Personenidentität liegt eine Eigenversorgung vor, bedarf es jedenfalls nicht aus dem Grund der Drittmengenabgrenzung keiner eichrechtskonformen Ladesysteme. Es kommt dann auf den Tarif an, ob es dennoch in diesen Fällen eines eichrechtskonformen Ladesystems bedarf (s.o.).

10. Last- und Lademanagement

Wollen Sie die Chancen des Last- und Lademanagement für Ihren Fuhrpark oder die privaten Elektroautos Ihrer Mitarbeiter nutzen, was sich bei längeren Stand- und Ladezeiten anbietet, ist der Einsatz eichrechtskonformer Ladeeinrichtungen zwingend.

 

Dieser Beitrag entstand unter rechtlicher Beratung von Frau Dr. Katharina Vera Boesche.