LadetechnikKurz erklärt: Eichrechtskonforme Ladetechnik

Am 1. Januar 2015 trat in Deutschland das novellierte Mess- und Eichrecht (Mess- und Eichgesetz, Mess- und Eichverordnung) in Kraft. Dieses dient dem Verbraucherschutz, denn das Grundprinzip im Eichrecht ist die Nachvollziehbarkeit der Richtigkeit der Messwerte. Darin wird festgehalten, dass physikalische Messgrößen wie Kilowattstunde und Zeit bei der Lieferung von Elektrizität eichrechtskonform erfasst und verarbeitet werden müssen.
Gerne erläutern wir Ihnen weitere Gründe, die für den Kauf von eichrechtskonformer Ladetechnik sprechen.

⦁ Strom für Elektroautos kann laut dem Energiewirtschaftsgesetz seit 2016 von jeder natürlichen oder juristischen Person über einen registrierten Ladepunkt als Letztverbraucher verkauft werden (EnWG § 3 Nr. 25). Einer Genehmigung als Stromlieferant bedarf es wegen der Einordnung des Ladepunktbetreibers als Letztverbraucher nicht. Dies hat zur Folge, dass gegenüber dem Nutzer eines Elektroautos nicht, wie sonst in der Energiewirtschaft, der Strommix ausgewiesen werden muss. Auch nach dem Stromsteuerrecht ( § 1a Absatz 2 StromStV) wird der Betreiber eines Ladepunktes als Letztverbraucher eingeordnet, d.h. es gilt: Sie brauchen keine Genehmigung als Stromlieferant beim Hauptzollamt zu beantragen und müssen die Stromsteuer gegenüber dem Elektroautofahrer nicht ausweisen.

⦁ Investieren Sie nachhaltig! Nach dem Einkommenssteuerrecht (§ 3 Nr. 46 EStG) gilt die Abgabe von Strom an Mitarbeiter nicht als geldwerter Vorteil, d.h. sie ist einkommenssteuerbefreit. Diese Regelung ist bis Ende 2030 verlängert worden. Mit der Zunahme von Elektroautos steigt allerdings das Interesse von Unternehmen, den Ladestrom gegenüber Mitarbeitern abzurechnen.

⦁ Wird die Lieferung von Elektrizität gegenüber Verbrauchern abgerechnet, muss dies nach der PreisangabenVO auf Grundlage eines kWh-Tarifs geschehen (§ 3 PAngV). Dazu bedarf es einer eichrechtskonformen Ladeeinrichtung. Zusätzlich zu dem kWh-Tarif darf auch eine Grundgebühr für die Nutzung der Ladeinfrastruktur oder/und eine Zeitgebühr für den Ladezeitraum erhoben werden.

Flatrate-Tarife und weitere Besonderheiten

⦁ Bei Mitarbeitern (wie bei anderen längerfristigen Vertragsverhältnissen) ist auch eine Monats- oder Jahresflatrate zulässig. In diesem Falle bedarf es keiner eichrechtskonformen Ladeeinrichtung. Der Flatrate-Tarif kann für unterschiedliche Segmente angeboten werden, z.B. Basic und Premium für Elektroautos mit einer geringen und solchen mit einer höheren Batterie-Leistung. Nach Ablauf eines Monats (bei der Monatsflatrate) bzw. Ablauf eines Jahres (bei der Jahresflatrate) kann die Höhe der Flatrate auch angepasst werden.

⦁ Für eine eichrechtskonforme Ladeeinrichtung benötigt man in Deutschland eine Baumusterprüfbescheinigung, die nach Abschluss eines aufwändigen Konformitätsbewertungsverfahrens durch eine Konformitätsbewertungsstelle (Physikalisch Technische Bundesanstalt, VDE PZI oder CSA Group München) erteilt wird.

⦁ Jede Ladeinrichtung in Deutschland, an der abgerechnet wird, unabhängig davon, ob diese öffentlich zugänglich ist oder einem privaten Nutzerkreis (z.B. Mitarbeiter eines Unternehmens) zur Verfügung steht, unterliegt den Anforderungen des Eichrechts, d.h. sie bedarf einer Baumusterprüfbescheinigung. Diese Abrechnungspflicht besteht sowohl in B2C- wie auch in B2B-Verhältnissen. Einzige Ausnahmen sind die beschriebene Flatrate oder das Verschenken von Ladestrom.

⦁ Seit dem Inkrafttreten der Ladesäulenverordnung (LSV) im März 2016 müssen alle öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen, die ab diesem Datum errichtet wurden, der Bundesnetzagentur gemeldet werden und über eine Typ 2-Steckdose verfügen. Mit der Novelle der LSV im Jahr 2017 (LSV II) müssen alle öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen zusätzlich das punktuelle Aufladen (ad hoc Laden, § 4 LSV) ermöglichen. D. h. es muss alternativ eine Bezahlung mit einem gängigen Kartensystem oder einem gängigen webbasierten Zahlungssystem (z.B. QR-Code, NFC) oder eine Barzahlung möglich sein. Die Karten- und Barzahlung kann auch außerhalb der Ladeeinrichtung an einem zentralen Automaten eingeräumt werden. Diese Pflicht greift für alle Ladeeinrichtungen, die nach dem 14.12.2017 errichtet wurden. Eine Ausnahme von allen LSV-Pflichten (Meldepflicht, Typ 2-Steckdose und ad hoc Laden) besteht für Ladeeinrichtungen mit einer Leistung von bis zu 3,7 kW.

Nachrüstung in der Regel nicht ohne Weiteres möglich

⦁ Wallboxen lassen sich in der Regel nicht eichrechtskonform nachrüsten. Soll der Ladestrom an Ihrer Wallbox abgerechnet werden, müssten Sie die alte durch eine neue, eichrechtskonforme Wallbox ersetzen. Statt der Nachrüstung bleibt beim vertragsbasierten Laden die o.g. Flatrate oder das Verschenken von Strom. Bieten Sie ein ad hoc-Laden an bzw. müssen Sie dies, da Ihre Wallbox öffentlich zugänglich im Sinne der LSV ist, müssen Sie den Ladevorgang eichrechtskonform abrechnen.

Foto von eichrechtskonformer Ladestation und Elektroauto

Eichrechtkonforme Ladetechnik muss mit einem geeichten Stromzähler ausgestattet sein

⦁ Ladesäulen, die in den vergangenen Jahren aufgebaut wurden, lassen sich in der Regel eichrechtskonform nachrüsten, allerdings mit einem erhöhten Kostenaufwand. Dies ermöglicht Ihnen dann den Ladestrom kWh-scharf abzurechnen. Ob Sie die o.g. zusätzlichen Tarifelemente erheben wollen, bleibt Ihnen überlassen.

⦁ Bauen Sie bei Ihrem Mitarbeiter eine Wallbox oder Ladeeinrichtung auf Ihre Kosten auf, genügt für die Rückerstattung des Ladeaufwandes, den der Mitarbeiter zunächst übernimmt und Ihnen turnusgemäß in Rechnung stellt (am Monats-, Quartals- oder Jahresende), ein MID-zertifiziertes Messgerät. Dies setzt aber voraus, dass nur der Mitarbeiter diesen Ladepunkt benutzt. Für diese Fälle hat die Finanzverwaltung auch eine pauschale Abrechnung anerkannt, die einen Abrechnungsaufwand erspart: 20 EUR/Monat, wenn der Mitarbeiter ein reines Elektroauto fährt und zusätzlich in Ihrem Betrieb eine Ladeeinrichtung nutzen kann; 50 EUR/Monat, wenn der Mitarbeiter ein reines Elektroauto fährt und dies nur an der heimischen Ladeeinrichtung aufladen kann (bei Hybridfahrzeugen sind die Pauschalen geringer: 10 EUR bzw. 25 EUR). Diese Regelungen gelten vorerst bis Ende dieses Jahres.

⦁ Wollen Sie die Chancen des Last- und Lademanagement für Ihren Fuhrpark oder die privaten Elektroautos Ihrer Mitarbeiter nutzen, was sich bei längeren Stand- und Ladezeiten anbietet, ist der Einsatz eichrechtskonformer Ladeeinrichtungen zwingend.

 

 

Dieser Beitrag entstand unter der rechtlichen Beratung von Frau Dr. Katharina Vera Boesche