Ladekarten – Die Qual der Wahl?

Ladekartendschungel

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Nicht jede Ladekarte funktioniert an jeder Ladestation und es gibt ebenfalls noch kein einheitliches Bezahlverfahren, weshalb die Anzahl an Ladekarten-Anbietern sehr hoch ist. So zeigt die Webseite Going Electric mehr als 200 Ladekarten von verschiedensten Anbietern auf. Einige davon sind jedoch nur in Kombination mit einem Vertrag eines ansässigen Stromlieferanten nutzbar, an ein spezifisches elektronisches Medium gebunden oder besitzen Anschlüsse, welche nicht für jedes Elektroauto nützlich sind. Auch die Preisgestaltung differenziert teilweise stark, da entweder pro kWh, pro Minute oder mit einem Festpreis abgerechnet wird. Hinzu kommt das Eichrecht, das eigentlich rechtlich verpflichtend einen Festpreis pro Ladevorgang vorschreibt, was jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht immer eingehalten wird. Das herkömmliche Stromtanken stellt somit für Unternehmen, insbesondere Logistiker, eine schwer kalkulierbare und aufwändige Konstante dar.

Daher muss die Wahl passender Ladekarten gut überlegt sein. Eine optimale Lösung variiert basierend auf verschiedenen Faktoren von Anwenderfall zu Anwenderfall. Ein spontanes Laden ist oft schwierig und mit einer leeren Batterie vor einer Ladestation zu stehen und nicht zahlen zu können, gibt kein Gefühl der Sicherheit. Da aufgrund der großen Anzahl an Karten schnell der Überblick verloren gehen kann, soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die unterschiedlichen Bezahlvarianten und die wichtigsten Ladeanbieter in Deutschland gegeben werden.

Bezahlvarianten im Überblick

Bei der Wahl der Bezahlvariante wird nachfolgend zuerst die am weitesten verbreitete Bezahlart mittels RFID-Karte bzw. Chip vorgestellt. Diese Karte bzw. der Chip ist an einen bestimmten Besitzer gebunden, sodass eine einfache Zuweisung von Ladekosten möglich ist. Ist man ohne RFID unterwegs sind auch direkte Zahlungsmethoden (Kreditkarte, EC-Karte) oder Online-Bezahlmethoden, wie PayPal, möglich. Ein neuer Anbieter ist beispielsweise die GLS Bank mit Giro-e. Ab Februar 2018 sollen die Schnelllade-, sowie AC-Ladesäulen von EBG mit dem System der kontaktlosen Bankkarte aktiviert und im Laufe der Jahre auf andere Hersteller und Betreiber ausgeweitet werden. Dabei kann jede beliebige Bankkarte verwendet werden. Der Vorteil von Bankkarten ist, dass diese nicht so einfach dupliziert werden können. Denn RFID-Karten weisen hierbei einige Sicherheitsdefizite auf (Video). Weiterhin ist die Nutzung von QR-Codes möglich. Praktisch sind zudem Apps, die oftmals zusätzlich zum RFID angeboten werden. Damit kann nicht nur gezahlt werden, sondern auch die Lage, die technischen Daten, die Verfügbarkeit, sowie Preise der Ladestationen angezeigt werden. Tesla bietet zudem für Tesla-Fahrer kostenloses Aufladen ohne Karte, App oder Chip an. Hierbei erkennt die Ladestation den Fahrzeugtyp und aktiviert dadurch den Ladevorgang. Diese Methode kann auch für das kostenpflichtige Laden verwendet werden, bei dem die Abrechnung durch die Zuordnung über ein intelligentes Ladekabel oder das Fahrzeugsystem erfolgt.

Grundlegend hängen die Bezahlvarianten jedoch immer vom jeweiligen Ladestationen- und Ladekartenbetreiber ab.

Vor- und Nachteile einer Ladekarte im Vergleich zum Tanken von Kraftstoff

Im Normalfall ist Strom günstiger als Benzin. Jedoch wird häufig trotzdem ein höherer Preis für Stromtanken verlangt, als für das herkömmliche Tanken von Benzin oder Diesel. Dies liegt oftmals daran, dass der Preis für das Laden pro Minute gezahlt werden muss, sodass langsames AC-Laden sehr teuer werden kann. Weitere negative Faktoren sind, dass oftmals zusätzlich Kosten, wie Service-Gebühren pro Aufladung, Startgebühren oder gar ein monatlicher Festpreis unabhängig vom eigenen Nutzungsgrad erhoben werden. Je nach Karte und Fahrweise kann man jedoch auch günstiger davonkommen. So gibt es beispielsweise Karten für Vielfahrer, bei denen lediglich ein monatlicher Festpreis, aber nicht mehr für die einzelne Ladung gezahlt werden muss. Umso wichtiger ist es, sich einen persönlichen Überblick über die Angebote und Typen der Ladekarten einzuholen.

Die besten Ladekarten für Elektroautos

Im Folgenden sollen die wichtigsten Ladekarten zusammengefasst und deren Besonderheiten, Kosten, sowie Netzabdeckung dargestellt werden. Vorab gilt jedoch, dass die passende Ladekarte stark von der jeweiligen Region und dem eigenen Fahrverhalten abhängt. Während Vielfahrer eher zu Karten greifen sollten, die zwar eine monatliche Grundgebühr, dafür jedoch das Laden günstiger oder sogar kostenlos anbieten, sind für Gelegenheitsfahrer Prepaid-Karten sinnvoller.

Anhand des Preis-Leistungs-Verhältnisses lässt sich eine kleine Auswahl guter Ladekarten für Elektroautos treffen. Die übrigen Karten sind damit nicht grundsätzlich schlecht, aber bieten entweder eine zu geringe Anzahl von verfügbaren Stromtankstellen oder sind schlichtweg zu teuer. Wer jedoch lediglich regional unterwegs ist, sollte sich für das jeweilige Gebiet nochmals nach Angeboten erkundigen. In Zukunft wird sich zudem preislich gesehen durch die neue Gesetzlage (Eichrecht) vieles ändern müssen, sodass die Kosten lediglich für den Stand Juli 2018 Richtigkeit haben. Eine Übersicht der besten Anbieter entnehmen Sie der nachfolgenden Tabelle:

Weiterhin gibt es verschiedene Ladekarten der Automobilhersteller, die jedoch lediglich von den Kunden dieser verwendet werden können. Hierbei sei NISSAN mit der NISSAN Charge Card zu erwähnen. Die Karte sowie das Aufladen ist für alle NISSAN Kunden kostenlos. Insgesamt gibt es 2.300 Ladepunkte in Deutschland. Auch BMW ChargeNow bietet eine Ladekarte für ihre eigenen Kunden an, welches nach eigenen Aussagen das weltweit größte Netz an Ladestationen mit rund 118.000 öffentliche Ladepunkte in 29 verschiedenen Ländern besitzt (Stand November 2017). Der Active-Tarif für monatlich 9,95€ eignet sich für Vielfahrer. Der Flex-Tarif richtet sich an Gelegenheitsfahrer, da hierbei keine Grundgebühr, dafür jedoch eine einmalige Aktivierungsgebühr von 20€ zu verrichten ist. Für beide Tarife fallen Nutzungsgebühren an, die beim AC Laden abhängig von der Uhrzeit sind. Bei einem aktiven Account sind es beim AC-Laden 2 bis 4 Cent und beim DC-Laden 28 Cent. Beim Flex Tarif hingegen beträgt der Preis beim AC-Laden 3,5 bis 7 Cent und beim DC-Laden 30 Cent pro Minute.

Auch gibt es viele Angebote von Stadtwerken oder Kommunen, mit deren Karten teilweise kostenlos aufgeladen werden kann (z. B. Leipziger Ladekarte mit 67 Ladepunkten, nur mit Fahrstromvertrag). Weiterhin existieren Ladekarten vom Automobilclubs wie Auto-Club-Europa, die zwar immer an eine Mitgliedschaft gebunden sind, dabei jedoch oftmals ein großes Ladenetz abdecken.

Next Generation: Tank- und Ladekarte in einem

Eine weitere Möglichkeit, die insbesondere für Unternehmen sinnvoll ist, ist eine Ladekarte, die sowohl Benzintanken als auch Stromladen vereint. Damit erhalten Fuhrparkmanager die gleichen Verwaltungs- und Analysewerkzeuge wie für ihre Verbrenner-Flotte. Ein Beispiel hierfür ist die DKV + Charge Card. Sie arbeitet mit Hubject/Intercharge zusammen und bietet dadurch rund 10.000 Ladepunkte in Deutschland an. Sie richtet sich lediglich an gewerbliche Kunden und kostet 3 € pro Monat plus 0,39€ Netto pro Betankung, egal ob Kraftstoff oder Strom. Die Karte eignet sich insbesondere für Hybridfahrzeuge und erleichtert das Abrechnen, indem alle Kosten auf einer Rechnung vereint werden. Auch die Shell-Card bietet in Kooperation mit New Motion eine gemeinsame Tank- und Ladekarte an. Damit wollen sie das Strom-Ladenetz ausweiten und allen Autofahren einen optimalen Service, unabhängig der Antriebstechnik, bieten. Das Laden wird dann wie beim Kraftstofftanken über die Tankkarte abgewickelt und in Rechnung gestellt. Die Karten von DKV und Shell bieten zudem auch Apps an. Ein von dem Autohersteller Volkswagen entwickeltes Abrechnungssystem, die Charge & Fuel Karte und App ist lediglich für e-Fahrzeuge der Marken Volkswagen oder Audi entwickelt worden. An rund 7.500 Ladepunkten in ganz Deutschland können die Kunden Strom laden, sowie an 12.000 Tankstellen Kraftstoff beziehen. Dafür wird eine zentrale Rechnung ausgegeben. Eine Zahlung einer monatlichen Grund- oder Abschlussgebühr ist nicht nötig. Wechselstrom kostet 0,95€/Stunde und Gleichstrom 11,90€/Stunde (Brutto Angaben). Auch NOVOOFLEET mit der NOVOOFLEET Card+CHARGE bietet eine Tank- und Ladekarte in einem an. Stromkosten variieren zwischen 2-10 cent/min für AC-Laden und 20-30 cent/min für DC-Laden. Zusätzlich ist die Verwendung einer App für das Aufladen an den rund 2.000 Standorten in Deutschland möglich.

Überblick und Transparenz durch E-Roaming Dienste

Weiterhin ist zu erwähnen, dass bei der Wahl des Kartenanbieters auch darauf geachtet werden sollte, ob der Anbieter Teil eines Roaming-Netzwerkes ist. Dadurch ist ein Zugang zu einer großen Anzahl an Ladepunkten unterschiedlicher Anbieter zu einheitlichen Zahlungsbedingungen möglich. Die Abrechnung zwischen den unterschiedlichen Stromanbietern regelt der Roaming Dienst. Solch ein System macht das Laden komfortabler und ermöglicht es, mit weniger Karten auszukommen. Einer dieser Anbieter ist Hubject mit der Marke Intercharge. Sie vereint EnBW, BMW Group, Bosch und 100 weitere Partner europaweit und kann so mehrere Zehntausend Ladepunkte anbieten. Kartenherausgeber von Intercharge sind z.B. Plugsurfing, The New Motion und BMW DriveNow.

Eine Anmeldung ist dabei nur bei einem Vertragspartner notwendig, sodass eine einzige Karte für eine Vielzahl an Ladestationen genutzt werden kann. Jedoch sollte immer beim eigenen Anbieter nachgeschaut werden, welche Stationen in dem Intercharge Netz verwendet werden können, da je nach Vertragspartner unterschiedliche Anteile der Intercharge-Säulen abgedeckt werden, auch zu eigenen Preisen. Auch sollte die Wahl des Kartenanbieters anhand der günstigsten Konditionen erfolgen. Man kann sich dies wie einen Großmarkt (betrieben von Intercharge) vorstellen: Die Ladestationsbetreiber haben Marktstände mit eigen bepreisten Produkten (Ladestationen) während die Ladekartenherausgeber als Großkunden, die Produkte zum angebotenen Preis (oder besser verhandelt) einkaufen können. Zu welchen Konditionen die Ladekartenherausgeber die eingekauften Produkte (Ladestationen) an den Kunden weitergeben, bestimmt der Ladekartenherausgeber alleine. Trotzdem ist dadurch auch eine höhere Preistransparenz gegeben.

Auch Ladenetz.de ist ein solcher Roaming Dienst Anbieter. Mit aktuell 2.000 Ladepunkten in Deutschland arbeitet Ladenetz insbesondere mit Stadtwerken, aber auch Unternehmen wie ChargeNow und Charge&Fuel Card zusammen. Somit können Kunden von BMW, VW und Audi auch häufig an den Ladestationen der städtischen Stadtwerke laden. Ladenetz ist dabei jedoch kleiner als Intercharge. Sowohl Intercharge als auch Ladenetz.de weisen zusätzlich eine App vor, bei der alle Standorte und deren Verfügbarkeit betrachtet werden können.

Verschiedene Verbunde und deren Ladekarten können ganz bequem auf der Webseite von Going Electric nachgeschlagen werden.

Fazit

Durch die Vielzahl an Anbietern und Verbundnetzwerken in unterschiedlicher geographischer Ausprägung muss sich ein Besitzer eines Elektroautos jeweils individuell über die Ladestationen in seiner Umgebung informieren und dahingehend eine passende Kombination aus Ladekarten zusammenstellen. Ist er in Deutschland oder gar Europa viel unterwegs, ist es sinnvoll, sich Karten aus Verbundnetzwerken zu holen, die ein möglichst vollständiges und großflächiges Ladenetz abdecken. Eine Privatperson hingegen, welche lediglich täglich zu Arbeit pendelt, kann mit lokalen Ladekarten des ortsansässigen Stromkonzerns auskommen. Eine optimale Empfehlung für jedermann auszusprechen, ist daher zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich.

M.B.